So veraltet wie der Begriff obsolet ist, ist es auch, dass noch immer das
literarische Schaffen von Frauen als banal, kitschig und trivial abgetan wird.
Noch ist dieses Buch von Nicole Seifert (nachtundtag.blog) leider sehr aktuell,
einmal wird es hoffentlich nur mehr ein wichtiges geschichtliches Dokument
sein. Nicole Seifert hat jene frauenfeindliche Schieflage im Literaturbetrieb
mit Zitaten und Zählungen endlich sichtbar gemacht. Immer noch werden Frauen
viel seltener rezensiert und vor allem auch anderes besprochen. Schulen würden
viel seltener Bücher von Frauen in ihren Kanon aufnehmen und zeigten somit
jungen Menschen, was wichtig ist, sei von Männern geschrieben.
Richtig schockiert war ich, als Seifert so manche Rezension der jüngeren Zeit
zitierte. Einer meiner liebsten Romane „Mirioloi“ wurde von so
manchen Männern richtiggehend derb niedergemacht. Das kann es doch nicht sein!
Natürlich betonen diese Männer, dass es nur auf die Qualität ankäme, doch genau
das widerlegt eine interessante Studie: Die Autorin Catherin Nichols schickte
einhundertmal einen Probetext an Literaturagenturen – fünfzigmal mit ihrem
eigenen Namen, fünfzigmal mit einem männlichen Synonym.
„Der vermeintliche Autor wurde siebzehnmal um das vollständige Manuskript gebeten, die Autorin ganze zweimal. Als Grund wurde im Falle des vermeintlich männlichen Autors angegeben, der Text sei ‚gut konstruiert‘ und ‚clever‘, im Falle der Autorin hieß es, der Text sei nicht gut genug, wenn auch ’schön geschrieben‘. Es geht, wohlgemerkt, um ein und denselben Text.“Lest dieses Buch und entdeckt so viel neue, gute Literatur! Während meiner Schulzeit hatte ich ausgesprochen feministische DeutschprofessorInnen gehabt. Ich erinnere mich hauptsächlich an weibliche Literatur, die wir lasen und besprachen – welch ein Glück, solch rebellische Lehrerinnen gehabt zu haben. Sie haben mich nachhaltig geprägt.